Management und Führung. 1. Grundlagen und Begriffe

1.1 Entscheidungen

Die Entscheidungstheorie befasst sich mit dem Entscheidungsverhalten von Individuen und Gruppen bzw. Organisationen. Entscheidungen gehen immer dem Handeln voraus. Die Entscheidungslehre der Wirtschaftswissenschaft beschäftigt sich vorwiegend mit dem, was getan werden soll. Entscheidungen im Unternehmen sind handlungsorientiert und zukunftsgerichtet. Die Entscheidungstheorie will zur Lösung der praktischer Aufgaben in den Betrieben beizutragen [Birker 1997: 7]. Dazu werden Erkenntnisse aus anderen Wissenschaftsdisziplinen genutzt und in die Wirtschaft übertragen.

Begriffe wie "Entscheidungslogik" oder "Entscheidungsverhalten" weisen auf die unterschiedliche Ausrichtung hin. Entsprechend lassen sich die Theorieansätze grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen:

Theorieansätze in der Entscheidungstheorie

Normative oder präskriptive Entscheidungstheorie Beschreibende oder deskriptive Entscheidungstheorie
Untersuchung logischer Grundlagen und die Entwicklung formaler Regeln für optimale Entscheidungen Wie und warum Entscheidungen in der Praxis so und nicht anders getroffen werden.
[Birker 1997: 7]

Was ist "Entscheidung"?

1. Eine Entscheidung ist die Wahl für eine von zwei oder mehreren Alternativen (Möglichkeiten).

2. Entscheidung erfolgt bewusst. Dies bedeutet eine Abgrenzung gegenüber intuitivem oder unbewusstem Handeln oder Nichthandeln, Reaktionen sowie Quasi-Entscheidungen, die durch Regeln, Anweisungen und Programme vorgegeben sind. Bewusste Entscheidungen werden oft durch unbewusste Einflüsse mitbestimmt (Normen, Wertvorstellungen und Präferenzen).

3. Das Kriterium der Selbstverpflichtung beschreibt den Charakter der Verbindlichkeit von Entscheidungen, d. h. den Abschluss gedanklicher Überlegungen und die Vorgabe für anschließendes Verhalten. Hiermit erfolgt eine Abgrenzung gegenüber reinen Gedankenspielen.

Daraus ergeben sich Fragestellungen nach:


Subjekt: Entscheidungsträger

Entscheidungen auf objektiver Grundlage Entscheidungen auf subjektiver Grundlage
formallogische Entscheidungsregeln Gefühle und Intuition

Erfahrungen, Wertvorstellungen und Präferenzen

"Das richtige Gespür", "Fingerspitzengefühl"

Lange Zeit ging man davon aus, dass sich Entscheidungsträger nach dem Modell des "homo oeconomicus" verhalten. Die Prämissen dieses Modells sind:

Diese Prämissen sind zwar als Modell geeignet, theoretische, normative Entscheidungshilfen zu geben [Birker 1997: 9]. In der Realität ist dies entspricht dies tatsächlichen Gegebenheiten nicht und kann daher auch die praktischen Entscheidungsprobleme nur bedingt unterstützen. Häufig spielen subjektive Erwägungen und frühere Erfahrungen eine Rolle: War ein Verhalten früher erfolgreich, so ist es nahe liegend, dies in ähnlichen Situationen erneut einzusetzen. Allerdings sind auf Erfahrung begründete Schlussfolgerungen häufig stärker an der Vergangenheit als an der Zukunft orientiert. Haben sich Rahmenbedingungen und Begleitumstände in wesentlichen Punkten verändert, so kann dies zu Fehlschlüssen führen.

Individuelle Wertvorstellungen und Normen können entscheidend beeinflussen, welche Alternativen gewählt oder erst gar nicht als Möglichkeit in Betracht gezogen werden. So kann eine Abneigung bestehen mit bestimmten Personen, Firmen, Produkten und Regionen etc. Geschäfte abzuwickeln. Auf der anderen Seite können Grundüberzeugungen dazu führen, dass bestimmte Vorgehensweisen bevorzugt und rationale Einwendungen Dritter nicht zur Kenntnis genommen werden.

Neben dem individuellen Entscheidungsverhalten spielt das von Gruppen gleichfalls eine bedeutende Rolle in Organisationen. Vielfach sind die Ergebnisse nicht nur vom Sachthema geprägt, sondern auch vom Gruppenprozess während der Beratungen oder den Beziehungen der Beteiligten untereinander. Für die Betriebswirtschaft lassen sich Erkenntnisse aus Nachbardisziplinen, insbesondere der Psychologie und der Soziologie, verwenden; das gilt sowohl für die Führungslehre als auch für die Entscheidungstheorie.


Spannungsfeld objektiver und subjektiver Lösungsansätze

Selbst wenn ein Entscheidungsträger bemüht, sich rational zu entscheiden, tut er das vor dem Hintergrund subjektiver und unvollständiger Wahrnehmung, also auch oft nicht ausreichender Informationen über das Umfeld und die künftigen Entwicklungen sowie mögliche Handlungsalternativen und alle damit verbundenen Konsequenzen.

In diesem Verständnis wird Entscheidung zur Suche nach einer vertretbaren Lösung. Dies unterscheidet sich sowohl von der Ermittlung eines optimalen Ergebnisses im objektiven und mathematischen Sinne als auch von einer einseitigen Betonung komplexer und irrationaler Einflüsse auf das Entscheidungsverhalten, das, wenn es den Entscheidungsträger in den Mittelpunkt rückt, auch zwangsläufig subjektiv werden muss.

Es ist der sich um rationale und überprüfbare Ergebnisse bemühende Entscheidungsträger, der sich der Begrenzungen bewusst ist, die sich beispielsweise ergeben aus der Unvollkommenheit der Information und Wahrnehmung des Entscheidungsumfeldes und der Subjektivität eigener Wertmaßstäbe. Birker verbindet die beiden Ansätze zu einer integrativen Entscheidungstheorie. Damit soll verdeutlicht werden, dass im Prozess der Entscheidungsfindung sowohl individualpsychologische und gruppendynamische Aspekte und Wertfindungen zu berücksichtigen sind als auch Methoden logischer Schlussfolgerungen einbezogen werden [Birker 1997: 12].

normative (präskriptive) Entscheidungstheorie beschreibende (deskriptive) Entscheidungstheorie
  • formale, logische Grundlagen und Regeln
  • rational nachvollziehbare Schlussfolgerung

Nutzung von Erkenntnissen aus Mathematik, insbesondere theoretischer Statistik

  • wie und warum Entscheidungen in der Praxis so und nicht anders getroffen werden

Nutzung von Erkenntnissen insbesondere aus Psychologie und SoziologieNutzung von Erkenntnissen insbesondere aus Psychologie und Soziologie

Entscheidungsregeln Entscheidungsverhalten

integrative Entscheidungstheorie

  • Entscheidungsträger bemüht um objektive, rationale Ergebnisse
  • Akzeptanz subjektiver Wertmaßstäbe und unvollkommener Informationen
  • Nutzung von Erkenntnissen aus viele Wissensgebieten, u. a. aus Mathematik, aber auch Psychologie und Soziologie

Entscheidungsprozess


Quelle: Birker, Klaus: Führungsstile und Entscheidungsmethoden, Cornelsen Giradet, Berlin, 1997, S. 12